Oder warum Pensionskassen es mit Sicherheit falsch machen. | Schweizer Personalvorsorge
Schliessen
Echt jetzt?

Oder warum Pensionskassen es mit Sicherheit falsch machen.

Im Jahr 2009 veröffentlichte die Band Silbermond ihr Album «Nichts passiert». Teil dieses Albums ist auch der Song «Irgendwas bleibt», der sich zu einem Klassiker des deutschen Pop gemausert hat. Zwischenzeitlich schreiben wir das Jahr 2024 und seit Erscheinen des Albums ist alles andere als «nichts passiert».

09.09.2024
Lesezeit: 3 min

Dennoch passt der Refrain vielleicht besser denn je:

«Gib mir ’n kleines bisschen Sicherheit
In einer Welt, in der nichts sicher scheint
Gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas, das bleibt.»

Dass Silbermond bei Verfassen des Songs an die berufliche Vorsorge der Schweiz gedacht haben könnte, ist nicht anzunehmen. Trotzdem fassen die Textzeilen die Erwartungen an Pensionskassen sehr trefflich zusammen. Sicherheit wird gewünscht; Sicherheit als bleibender Wert.

Sicherheit steht folglich auch ganz oben im Pflichtenheft der Stiftungsratsgremien. Regelwerke sollen unmissverständlich sein und dadurch Rechtssicherheit gewährleisten. Risiken sollen bekannt und adressiert sein, um Sicherheit zu bieten. Na, und die Vorsorgegelder der Versicherten sollen natürlich «sicher» angelegt werden.

Wie schwierig diese Sicherheit in Anlagedingen zu erreichen ist, zeigt das jährliche Medienspektakel bei Veröffentlichung der Anlageergebnisse und Verzinsungen. Denn Pensionskassen geben regelmässig bekannt, welche Anlageergebnisse – Performance genannt – sie erzielt haben und mit welchem Zins die Vorsorgegelder der Versicherten bedacht werden.

Fahren die Pensionskassen gute Anlageergebnisse ein, so wettern die Medien gegen jede Differenz zwischen Performance und Verzinsung. Das Anlageergebnis sei schliesslich anhand der Vorsorgegelder erzielt worden und sei den Versicherten weiterzugeben, jawohl!

Fallen die Anlageergebnisse eher bescheiden oder gar negativ aus, und werden die Versicherten mit einer mageren Verzinsung oder gar nur dem gesetzlichen Mindestzins bedacht, so wird den Pensionskassen vorgeworfen, dass sie für derlei Ereignisse hätten besser Vorsorge treffen und höhere Reserven bilden müssen.

Egal welche Politik eine Pensionskasse also fährt, sie dürfte nach öffentlicher Meinungsmache mit Sicherheit falsch sein. Echt jetzt? Echt jetzt.

Ungeachtet dessen werden die Verzinsungspolitik einer Pensionskasse wie auch die Höhe ihrer Reserven sehr von ihrer Risikofähigkeit bestimmt sein. Pensionskassen mit einem hohen Anteil an Verpflichtungen, d.h. mit einer Vielzahl an laufenden Renten, werden vorsichtiger agieren. Schliesslich müssen sie Sicherheit bieten, diese laufenden Auszahlungen zuverlässig leisten zu können. Solche Pensionskassen werden in ihrer Anlagestrategie vermutlich weniger Risiken eingehen, möglicherweise zurückhaltender verzinsen und grössere Reserven bilden. Sicher ist sicher.

Pensionskassen mit vergleichsweise geringen Verpflichtungen, einem geringeren Anteil an Rentnerinnen und Rentnern also, werden hingegen höhere Risiken eingehen können. Schliesslich liegt der «Zahltag» für den Grossteil ihre Versicherten in der Zukunft und im Falle eines schlechten Jahres kann im Lauf der Zeit wieder geglättet werden. Solche Pensionskassen werden allenfalls eine etwas riskantere Anlagestrategie wählen, möglicherweise grosszügiger verzinsen und ein weniger dickes Polster an Reserven bilden.

Die Festsetzung von Anlagestrategie, Verzinsung und Reserven liegt – innerhalb eines gewissen gesetzlichen Rahmens – beim Stiftungsrat. Liegen erst einmal alle Daten und Fakten auf dem Tisch, wird es also auf das Sicherheitsbedürfnis bzw. die Risikobereitschaft des Stiftungsratsgremiums ankommen.

Aus der psychologischen Forschung wissen wir, dass besagte Risikobereitschaft nicht ganz zufällig variiert. So seien Frauen beispielsweise weniger risikofreudig. Ein Befund, der mich immer wieder stirnrunzeln lässt, wenn ich bedenke, wie viele Frauen in Sachen Altersvorsorge auf ihren Mann setzen. Riskanter geht eigentlich kaum.

Ausserdem, so resümieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, sinke die Risikobereitschaft mit zunehmendem Alter. Vielleicht macht Erfahrung ja nicht nur klug, sondern auch vorsichtig.

Ein Blick auf die Stiftungsratsgremien dieses Landes zeigt, dass die geschlechtsbedingte Risikobereitschaft dort eher hoch, die altersbedingte jedoch eher gering sein dürfte. Unabhängig davon, welche Komponente letztlich die Oberhand gewinnt, wird die Politik des Stiftungsratsgremiums in der öffentlichen Wahrnehmung jedoch ohnehin vor allem eines sein: mit Sicherheit falsch.

Stimmen wir also ein mit Silbermond, auf dass «nichts passiert» und «irgendwas bleibt».