Am Rande der GV des Vereins IZS wurde die BVG-Reform, die am 22. September vors Volk kommt, diskutiert. Auch weitere Stimmen meldeten sich zu Wort. Bevor das Streitgespräch zwischen Reto Leibundgut und Hermann Walser begann, nahm Leibundgut eine gründliche Analyse der Grundelemente der Reform vor. Leibundgut wertete auch die Vor- und Nachteile der einzelnen Massnahmen (siehe Kasten). Insofern war die Redezeit zwischen den Kontrahenten etwas ungleich verteilt, wobei die Sache im Zentrum stand.
Drei hartnäckige Mythen
Leibundgut ging in seiner Analyse auch auf die Ansprüche einer BVG-Reform ein. Er nannte fünf Ziele, woran die Reform zu messen sei: Die Revision sollte die Umverteilung reduzieren, das Leistungsziel für Versicherte erhalten, den Koordinationsabzug senken, eine angemessene Kompensation bieten und finanzierbar sein.
Dann nahm er einen Faktencheck vor und widerlegte drei Mythen, gegen die hartnäckig anzukämpfen sei. So sei es erstens falsch, dass die Renten in der 2. Säule sinken. Sobald die Kapitalbezüge in der Neurentenstatistik berücksichtigt werden, sehe man keine Renteneinbussen. Zweitens sei die Umverteilung in der 2. Säule nicht besiegt. Es gebe nach wie vor unerwünschte Umverteilung, die sich in Pensionierungsverlusten zeige. Der dritte Mythos sei das gestiegene Zinsniveau, das eine Reform unnötige mache. Dies sei falsch, da die Diskrepanz zwischen Sollrenditen und Leistungsgarantien immer noch beträchtlich sei.
Nein, Nein und nochmals Nein
Dann ging Leibundgut zur Würdigung des Pakets über, wobei er nicht verhehlte, dass er die Reform für völlig verunglückt hält. Besonders kritisch sieht er die konkreten, gebündelten Effekte der Reform, die mitunter gegensätzlich verlaufen. So sinkt zwar die Eintrittsschwelle, was gewünscht ist. Gleichzeitig sind die Sparbeiträge für Tiefverdienende und neu Versicherte bis zu 8-mal höher als bisher, wodurch die Eintrittsschwelle umso abschreckender sein könnte. Arbeitgeber, die bis jetzt darauf achteten, unter der der Schwelle zu bleiben, würden dies auch in Zukunft tun.
Hauptsächlich sprach Leibundgut gegen die Kompensation und den Mechanismus der Ausgleichsfinanzierung. Dieser sei viel zu teuer. 80 bis 90% seien gar nicht betroffen von der Reform, bräuchten also keine Kompensation, weil sie genug überobligatorische Leistungen haben. Dagegen schätzte er die jährlichen Mehrkosten auf 1.3 Mrd. Franken, die sich über Jahre hinziehen würden. Schliesslich sagte Leibundgut, dass die 2. Säule auch ohne diese Reform existieren könne.
Ein Ja auf die lange Sicht?
Hermann Walser konzentrierte sich auf die Frage, ob man es sich nach zwei gescheiterten BVG-Reformen und Jahrzehnten des Reformstaus leisten könne, erneut zu scheitern. Walser bekannte auch, dass es ihm schwergefallen sei, eine persönliche Meinung zu bilden. Für ein Ja spreche schliesslich, dass mehr Tieflöhner und Teilzeiter versichert seien. Er sehe auch die Nachteile der Reform. Doch er könne hinter der Senkung der Eintrittsschwelle und des Umwandlungssatzes stehen. Ein Ausbau der 2. Säule sei alternativlos und die Reform löse echte Probleme der beruflichen Vorsorge, auch wenn es koste. Längerfristig müsse man ja sagen, damit die 2. Säule reformierbar bleibe.
Die fünf Punkte der Reform
In der Aprilausgabe der Schweizer Personalvorsorge lesen Sie eine Übersicht über die Positionen der Verbände zur Abstimmung.
Die Kernelemente der Reform BVG 21 sind die folgenden:
- Senkung der Eintrittsschwelle von 22050 auf 19845 Franken.
- Neu entspricht der Koordinationsabzug 20% des AHV-Lohns.
- Die Altersgutschriftenskala im BVG wird abgeflacht. Neu gibt es noch zwei Stufen (25 bis 44: 9%, 45 bis 65: 14%).
- Der Mindestumwandlungssatz im BVG wird von 6.8 auf 6.0% gesenkt.
- Um diese Senkung zu kompensieren, gibt es Zuschläge. Die ersten 15 Jahrgänge erhalten für ein Alterskapital (im Pensionierungsalter) bis 220500 Franken monatlich Rentenzuschläge. Die ersten fünf Jahrgänge 200 Franken, die nächsten fünf 150 und die letzten fünf 100 Franken. Für Vorsorgeguthaben zwischen 220500 bis 441000 Franken fällt der monatliche Zuschlag degressiv auf 0. Ein Teil der Kompensationseinlagen erfolgt durch die jeweiligen Pensionskassen und ein Teil wird durch den Sicherheitsfonds bezahlt.
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