Im Ständerat waren in der zurückliegenden Wintersession mehrere Motionen zur 2. Säule traktandiert. Keine schaffte es bis zur Beratung. Die vorher traktandierten Geschäfte beanspruchten mehr Zeit als vorgesehen.
Bei drei Motionen reichte es immerhin noch, um über einen Ordnungsantrag von Maya Graf abzustimmen. Die Baselbieter Ständerätin der Grünen wollte die drei Vorstösse der zuständigen Kommission zur Vorprüfung zuweisen. Der Ordnungsantrag wurde mit nur einer Stimme abgelehnt. Es geht um folgende Motionen:
24.3921 von Flavia Wasserfallen (SP, BE): «Mehrfachbeschäftigte und Teilzeitarbeitende besser versichern»
24.3920 von Mathilde Crevoisier Crelier (SP, JU): «Berücksichtigung der Care-Arbeit endlich auch in der zweiten Säule.»
24.4047 von Pascal Broulis (FDP, VD), «Personen mit geringem Einkommen oder mit mehreren Arbeitsverträgen Zugang zur zweiten Säule ermöglichen.»
Wie in der Dezemberausgabe berichtet, zeigte sich die Thurgauer Mitte-Ständerätin Brigitte Häberli-Koller erstaunt über das Vorgehen der Motionärinnen. Es sei sehr seltsam, kein halbes Jahr nach dem Urnengang Teile der gescheiterten BVG-Revision aufs Tapet zu bringen. «Für mich gelten die demokratischen Regeln in diesem Land», sagte Brigitte Häberli-Koller.
Es dürfte ihr daher recht gewesen sein, dass die Motionen erst im Frühjahr behandelt werden – wenn überhaupt. Auch der Pensionskassenverband Asip forderte nach der verlorenen Abstimmung einen Marschhalt.
Kampf dem Kaufkraftverlust
Nennenswert ist zudem die Motion 24.4198 von Pierre-Yves Maillard. Auch sie ist einem allzu ambitionierten Sessionsprogramm zum Opfer gefallen. Der Waadtländer SP-Ständerat und Präsident des Gewerkschaftsbunds will dem Kaufkraftverlust mit einem automatischen Teuerungsausgleich entgegenwirken. Auch dieser Vorstoss wurde erst im September eingereicht. Er war aber nicht Teil der durchgefallenen BVG-Revision.
Die Stellungnahme des Bundesrats vom 27. November 2024 dĂĽrfte vor allem auch Stiftungsräte interessieren, die ihren Versicherten erklären mĂĽssen, weshalb auf den freiwilligen Teuerungsausgleich verzichtet wird. Denn gemäss dem Bundesrat enthält die 2. Säule bereits einen «über die ganze Rentenlaufzeit Âgeglätteten Teuerungsausgleich.» Laut seiner Interpretation beinhaltet der Rentenumwandlungssatz ein Zinsversprechen, das höher ist als die Inflation. Daraus ergibt sich eine Realverzinsung.
So enthält der gesetzliche Mindestumwandlungssatz von 6.8% gemäss Ausführungen des Bundesrats eine Verzinsungskomponente von rund 5%. Dieser «äusserst attraktive» Realzins bezifferte sich in den zurückliegenden Jahren folgendermassen:
2020: 5.7%
2021: 4.4%
2022: 2.2%
2023: 2.9%
So gesehen enthält die 2. Säule zwar nicht einen obligatorischen Teuerungsausgleich, aber einen automatischen.
Wie der Bundesrat weiter präzisiert, hätte ein zusätzlicher Teuerungsausgleich «erhebliche Mehrkosten» zur Folge. Bei laufenden Renten könnte ein solcher Teuerungsausgleich nur durch eine zusätzliche Senkung des zukünftigen Umwandlungssatzes oder durch zusätzliche Beiträge zulasten der aktiven Versicherten und der Arbeitgeber finanziert werden. «Damit würde jedoch eine erhebliche Querfinanzierung von den aktiven Versicherten zu den Rentnerinnen und Rentnern eingeführt.»
Wie schon bei der EinfĂĽhrung der 13. AHV-Rente fragt man sich auch hier: Wessen Interessen vertritt eigentlich der Gewerkschaftsbund: jene des Werkplatzes Schweiz oder jene der Rentnerinnen und Rentner?
Und überhaupt: Je höher das Renteneinkommen, desto interessanter ein zusätzlicher Teuerungsausgleich. Der grösste Kostenanteil dieser Anpassung würde durch die höchsten Renten verursacht. Die tiefsten Renten würden hingegen nur leicht ansteigen. Auch dies müsste eigentlich den Interessen der Gewerkschaften zuwiderlaufen.
Wie weiter mit dem BVG?
In diesem Zusammenhang erklärt der Bundesrat auch noch, wie es nach der Ablehnung der BVG-Reform weitergehen soll. Er, der Bundesrat, beziehungsweise sie, Gesundheitsministerin Elisabeth Baume-Schneider, will die wichtigsten Akteure der beruflichen Vorsorge kontaktieren und ihre jeweiligen Prioritäten in Erfahrung bringen, «um mögliche kompromissfähige Lösungsansätze zur Verbesserung der 2. Säule zu skizzieren, insbesondere für Teilzeitbeschäftigte sowie Personen mit tiefen Einkommen oder mehreren Arbeitgebern».
Das ist ganz im Sinne des Waadtländer FDP-Ständerats Pascal Broulis. Mit der oben genannten Motion 24.4047 will er Personen mit geringem Einkommen oder mit mehreren Arbeitsverträgen den Zugang zur 2. Säule erleichtern.
So werden die Jungen bestraft
Am 10. Dezember 2024 hat nun Pascal Broulis mit der Motion 24.4330 einen weiteren Vorstoss eingereicht: «Die berufliche ÂVorsorge der jungen Arbeitnehmenden verbessern». Er denkt dabei an Art. 60a Abs. 2 BVV2.
Es handelt sich hier um eine für Laien schwer nachvollziehbare Bestimmung, wie sie für die 2. Säule nicht untypisch ist. Sie schreibt vor, dass die maximale Einkaufssumme um das Guthaben der Säule 3a reduziert wird, soweit es die höchstens abziehbaren Beiträge ab vollendetem 24. Altersjahr übersteigt. Gemeint sind hier die maximal abziehbaren Beiträge für Personen, die einer Pensionskasse angeschlossen sind. Seit Anfang 2025 sind das 7258 Franken.
Die Bestimmung zielt auf SelbständigÂerwerbende, die mehr als besagte 7258 Franken in die Säule 3a einzahlen dĂĽrfen, nämlich bis 20% des Nettoeinkommens, maximal 36288 Franken pro Jahr. Wenn sich nun eine solche Person später anstellen lässt und via Vorsorgeeinrichtung des neuen Arbeitgebers versichert ist, käme sie in den Genuss einer sehr hohen Einkaufssumme. So soll also mit dieser Bestimmung verhindert werden, dass eine selbständig erwerbende Person, die ĂĽber umfassende Möglichkeiten zum Aufbau einer Säule 3a verfĂĽgte, erhebliche Einkäufe in die 2. Säule tätigen kann.
So weit, so klar. Dumm nur, dass diese Regelung junge Arbeitnehmende benachteiligt, die bereits vor Alter 25 in die Säule 3a eingezahlt haben. Denn jeder Franken, der vor dem 25. Geburtstag in die Säule 3a einbezahlt wird, wird vom Einkaufspotenzial in der 2. Säule abgezogen. So schreibt Broulis in seiner BegrĂĽndung: «De facto mĂĽssen junge Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer jahrelang warten, bis ihr Lohn stark ansteigt, um Einkäufe tätigen zu können.»Â
Auch die 2. Säule kennt einen automatischen Teuerungsausgleich