Die Debatte um Brokerprovisionen ist neu entfacht | Schweizer Personalvorsorge
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Aus dem Bundeshaus

Die Debatte um Brokerprovisionen ist neu entfacht

Wie weiter nach der gescheiterten BVG-Revision? Mehrere Vorstösse, die kurz vor oder kurz nach der Abstimmung vom 22. September 2024 eingereicht wurden und in der Wintersession im Ständerat traktandiert waren, konnten aus Zeitgründen nicht behandelt werden. Sie wurden auf die Frühjahrssession verschoben.

06.02.2025
Lesezeit: 4 min

Die Motionen zielen darauf ab, die Teilzeit- und Mehrfachbeschäftigten besserzustellen, die Care-Arbeit zu berücksichtigen oder Personen mit geringem Einkommen einen besseren Zugang zur 2. Säule zu verschaffen. Es ist aber nicht zu erwarten, dass sie kurzfristig umgesetzt werden.

Wahrscheinlicher ist, dass vorerst auf gesetzlicher Ebene wenig bis nichts geschieht. Anpassungen dürften dagegen auf der Ebene der Reglemente erfolgen. «Die Herausforderungen bestehen weiterhin», schreibt Nico Fiore, Geschäftsführer von Inter-Pension in der Schweizer Personalvorsorge. «Sie lassen sich auch ohne eine gesetzliche Anpassung bewältigen.»

Gesagt werden kann zudem, dass SP-Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider im Lauf der nächsten Wochen mehrere Gespräche mit den wichtigsten Akteuren anberaumt hat. Der Austausch mit den Verbänden der beruflichen Vorsorge ist auf Ende März angesetzt. Angehört werden Vertreter des Asip, des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV), von Inter-Pension und der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten.

Raboud kritisiert die Courtagen

Derzeit sorgt ein anderes Thema für Diskussionen: die Vergütung von Brokern in der beruflichen Vorsorge. Laetitia Raboud, Direktorin der Oberaufsichtskommission Berufliche Vorsorge (OAK BV), hat wiederholt betont, dass bei Sammel und  Gemeinschaftseinrichtungen Handlungsbedarf besteht.

Wahrscheinlicher ist, dass vorerst auf gesetzlicher Ebene wenig bis nichts geschieht. Anpassungen dürften dagegen auf der Ebene der Reglemente erfolgen.

Dabei denkt sie auch an die Courtage. «Einige Sammel- und Gemeinschaftseinrichtungen zahlen den Vermittlern hohe Provisionen für die Vermittlung von Neukunden», sagte sie gegenüber «Soziale Sicherheit», der Onlineplattform des Bundesamts für Sozialversicherungen (BSV). Das sei ein Fehlanreiz. Vermittler könnten einem Unternehmen tendenziell eher die Sammel- und Gemeinschaftseinrichtung empfehlen, die dieses am besten entschädigt, und nicht diejenige, die am besten geeignet ist.

Im Gespräch mit der Schweizer Personalvorsorge kritisiert Raboud zudem das Entschädigungsmodell: «Es kann nicht sein, dass Vermittler mit einem prozentualen Pauschaltarif vergütet werden – und zwar nicht einmalig, sondern jährlich, wiederkehrend, über die gesamte Vertragszeit. » Korrekt wäre, die Brokerentschädigung mit einem Stundentarif nach Aufwand in Rechnung zu stellen, wie das bei anderen Berufen Usus ist.

Zusätzlich stellt sich die Frage, ob die Entschädigung durch den Arbeitgeber oder das Versichertenkollektiv zu entrichten ist.

Man kann sich sehr wohl auf den Standpunkt stellen, es sei im Interesse der Versicherten, wenn dank einer professionellen Beratung die geeignete Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung gewählt wird.
Jedoch sieht Laetitia Raboud hier eine Ungerechtigkeit: Nicht alle Firmen nutzen die Dienste von Brokern, dennoch zahlen alle innerhalb einer Sammel- oder Gemeinschaftseinrichtung indirekt mit.

Beispiel Liechtenstein

Zu reden gibt in diesem Zusammenhang auch eine Mitteilung der Finanzmarktaufsicht Liechtenstein. Dort steht: «Soweit der Versicherungsvermittler wirtschaftlich nicht direkt durch den auftraggebenden Arbeitgeber vergütet wird, sondern durch das Versichertenkollektiv, wird dieses mit höheren Verwaltungskosten finanziell belastet.» Mit dem Grundsatz der Zweckgebundenheit der Vorsorgemittel sei das nicht vereinbar und folglich «unzulässig».

Interpellation Reynard

Die Botschaft aus Vaduz dürfte auch hierzulande die Debatte neu entfachen. So sei an die Interpellation 19.3329 des ehemaligen SP-Nationalrats Mathias Reynard erinnert. Der Bundesrat schreibt am 22. Mai 2019 in seiner Stellungnahme, die Entschädigung an Broker müsse vom Arbeitgeber bezahlt werden. Sie sei nicht im Interesse der Destinatäre und nicht mit dem Vorsorgeziel vereinbar. Im Unterschied zu Liechtenstein sprach der Bundesrat nicht von «unzulässig», aber von «problematisch».

Ein halbes Jahr später publizierte derBundesrat die Botschaft zur Modernisierung der Aufsicht in der 1. Säule und zur Optimierung in der 2. Säule. Er wollte eine gesetzliche Grundlage schaffen, um Entschädigungen für Vermittlungen zu regulieren.

Rösti verteidigte Broker

Das Bundesparlament wollte aber davon nichts wissen. Insbesondere der damalige SVP-Nationalrat und heutige Bundesrat Albert Rösti argumentierte dagegen: Eine Einschränkung der Vermittlungsvergütung würde dazu führen, dass KMU die Kosten selbst tragen oder auf Vermittlungsleistungen verzichten müssten, sagte Rösti am 17. März 2022 in der Ratsdebatte. Das BVG sei komplex, und die KMU seien auf gute Lösungen der Vermittler angewiesen.

Angesichts der aktuellen Entwicklungen ist es gut möglich, dass der Bundesrat dieses Thema erneut aufgreift – insbesondere, da sich auch die BVG-Kommission damit beschäftigt.

Progressive Besteuerung

Anderes Thema: Der Bundesrat hat die Vernehmlassungsvorlage zum Entlastungspaket Ende Januar verabschiedet. Davon sind auch die 2. Säule und die Säule 3a betroffen. Kapitalbezüge sollen künftig höher besteuert werden als bisher. Gemäss der Expertengruppe unter Serge Gaillard, ehemaliger Direktor der Eidgenössischen Finanzverwaltung, hätte die Besteuerung der Kapitalbezüge vom übrigen Einkommen abhängig sein sollen. So weit kommt es nicht: Wie bis anhin sollen die Kapitalbezüge unabhängig vom übrigen Einkommen besteuert werden. Dafür kommt ein neuer progressiver Spezialtarif zur Anwendung.

Beim Sparen 3a werden das vor allem Selbständigerwerbende mit sehr hohen Kapitalien zu spüren bekommen, das sie aber unter Umständen mit einem gestaffelten Bezug abfedern können, sofern sie mehrere 3a-Konti angesammelt haben.

Dies betrifft aber auch Versicherte in der 2. Säule mit hohen Kapitalleistungen. Wie stark die Progression zu Buche schlägt, zeigt folgendes Beispiel: Heute beträgt die Bundessteuer bei einer Kapitalleistung von 100000 Franken bei Alleinstehenden 547 Franken; neu sollen es 595 Franken sein. Hingegen steigt die Steuerbelastung bei einer Kapitalleistung von 1 Mio. Franken von 2300 auf 4260 Franken, auf fast das Doppelte.

«Die steuerliche Begünstigung von Kapitalbezügen im Vergleich zum Rentenbezug wird damit reduziert», schreibt der Bundesrat zur Eröffnung der Vernehmlassung, die bis zum 5. Mai 2025 dauern wird. «Tiefe Bezüge, wie sie für die Säule 3a typisch sind, werden aber weiterhin zu sehr gemässigten Sätzen besteuert.»

Überblick über Motionen, Postulate und parlamentarische Initiativen: hier