Kompensation des Einkommensverlusts
Zweitens besteht der Zweck der AHV und der 2. Säule darin, ein Einkommen von 60% des letzten Bruttolohns zu gewährleisten. Da die Pensionierten keine Arbeitnehmerbeiträge (AHV, IV, BVG, ALV) mehr zahlen und ihre Steuerbelastung sinkt, entspricht das Rentenziel mindestens 75% des letzten Nettoeinkommens.
In gewissen Fällen ist dieser Rückgang jedoch zu gross, um die finanzielle Unabhängigkeit zu gewährleisten, oder die Ersatzquote wird von jenen Personen nicht erreicht, die keine volle AHV-Rente beziehen oder die keine oder nur eine geringe 2. Säule haben. Für 4% der Neurentner, d.h. für beinahe ein Drittel der EL-Bezüger, birgt der Übergang in den Ruhestand (und der damit verbundene Einkommensverlust) tatsächlich ein Armutsrisiko.
Finanzierung der Pflegekosten
Beim letzten Drittel der vom Staat abhängigen EL-Bezüger handelt es sich um auf Langzeitpflege angewiesene Menschen, die in ein Pflegeheim eingewiesen werden müssen. Die eigentlichen Pflegekosten werden zwar von der Krankenversicherung und vom Staat mitfinanziert, doch die Kosten für die Hotellerie und Betreuung müssen die Heimbewohner selbst tragen. Diese belaufen sich im Durchschnitt auf ca. 5600 Franken pro Monat. Wer die nötigen Mittel nicht aufbringen kann, erhält EL vom Kanton. Diese Pensionierten verursachen mehr als die Hälfte (55%) der EL-Kosten, die vom Bund, von den Kantonen und den Gemeinden getragen werden.
Dennoch können nicht alle diese Bezüger als arm bezeichnet werden. Sie bewohnen ein Zimmer in einem Pflegeheim, das demjenigen ihrer Nachbarn, die es aus der eigenen Tasche bezahlen, sehr ähnlich ist. Ihre Situation ist vergleichbar mit jener der anderen Heimbewohner.
Diese Beispiele zeigen: Die EL sind eine Form der «Vollkaskoversicherung» für die soziale Sicherheit der Senioren. Sie decken drei Arten von Risiken ab und erfüllen unterschiedliche Bedürfnisse. Daher braucht es zur Bekämpfung dieser Risiken auch unterschiedliche Ansätze. Eine Verbesserung des Ersatzeinkommens durch das Drei-Säulen-System könnte zu einer Senkung der EL-Quote beitragen. Es braucht indessen auch andere Massnahmen, nämlich in Bezug auf die Zeit vor der Pensionierung sowie im Bereich der Langzeitpflege.
Eine Versicherung, drei Risiken - und nicht immer Armut