Vorsorgedaten per Mausklick - der Bundesrat soll es richten | Schweizer Personalvorsorge
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Aus dem Bundeshaus

Vorsorgedaten per Mausklick - der Bundesrat soll es richten

Es hätte der Tag der 2. Säule werden sollen. Sechs Motionen zur beruflichen Vorsorge waren an jenem 6. März im Ständerat traktandiert. Eine Debatte fand aber nicht statt.

10.03.2025
Lesezeit: 4 min

Aufgrund eines Ordnungsantrags von Mitte-Ständerat Charles Juillard wurden die Vorstösse allesamt der zuständigen Kommission überwiesen.
«Ich habe all diese Interventionen geprüft», sagte der Mitte-Ständerat aus dem jurassischen Pruntrut: «Sie sind vielfältig und gehen in unterschiedliche Richtungen». Die Kommission soll die Vorschläge analysieren, zusammenfassende Vorschläge erarbeiten und die Anliegen bündeln.

Das dürfte auch im Interesse von Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider sein. Sie hat mehrere Hearings anberaumt, um nach der verlorenen Abstimmung vom 22. September 2024 das weitere Vorgehen zu thematisieren. Der Austausch mit Vertretern des Asip, des Schweizerischen Versicherungsverbands (SVV), Inter-Pension und der Schweizerischen Kammer der Pensionskassen-Experten findet am 31. März 2025 statt.

Digitaler Zugang zu Vorsorgedaten

Also befassen wir uns hier mit einem Vorstoss von Mitte-Ständerat Erich Ettlin, den der Ständerat an jenem 6. März 2025 mit 35 zu 7 Stimmen erstaunlich deutlich angenommen hat. Mit seiner Motion 24.4597 will der Obwaldner Steuerexperte sicherstellen, dass die Versicherten mittels interoperabler und standardisierter Schnittstellen digitalen Zugang zu all ihren Vorsorgedaten haben.

Eine gleichlautende Motion reichte FDP-Nationalrat Marcel Dobler in der zurückliegenden Wintersession ein. Der St.Galler Unternehmer dürfte als Vizepräsident von Digital Switzerland der Urheber dieses Vorhabens sein. Er hat im Herbst 2024 mit der Interpellation 24.3975 seine Haltung in dieser Sache klargemacht. Es sei schwierig, einen Überblick über die persönliche Vorsorgesituation zu schaffen. Bei der AHV müsse man einen aktuellen Auszug bestellen, von der Pensionskasse den Versicherungsausweis konsultieren und von der Säule 3a einen aktuellen Kontostand beschaffen.

Wie sich der vereinfachte Zugang zu den Vorsorgedaten gestalten könnte, erklärte Erich Ettlin im Ständerat: «Im Idealfall kann man über ein Dashboard schauen: Wie ist meine Vorsorgesituation, wie ist meine Rentensituation und - wenn man auch spielen und Daten eingeben kann - was ist, wenn ich das Pensum erhöhe oder reduziere? Was hat das für Auswirkungen auf die AHV und die berufliche Vorsorge?»  

Gegen oder für die Beratungsindustrie?

Erich Ettlin sitzt im Vorsorgebeirat von Raiffeisen. In seiner Begründung sagte er dann auch noch, er spreche hier gegen die Beratungsindustrie. Heute müsse man bei allen Vorsorgeeinrichtungen Papiere bestellen und damit zu einem Berater gehen, der viel kostet und nur das ausrechnet, was auch eine Maschine ausrechnen könnte.

Man kann es auch anders sehen: Es ist sehr wohl im Interesse der Beratungsindustrie, wenn ihre Kunden per Mausklick ihre Vorsorgesituation offenbaren. Beraterinnen und Berater, die sich erfahrungsgemäss häufiger als Verkäuferinnen und Verkäufer gebärden, können dann viel einfacher auf die angeblich miserablen Vorsorgelücken aufmerksam machen und ihre Produkte anpreisen.

 

 

Wie wärs, liebe Ständeräte, sie würden die Vorsorgegesetze so ausgestalten, damit Bürgerinnen nicht Abendseminare besuchen müssen, um auch nur das Wesentliche zu verstehen? 

SVP für mehr Bürokratie

So gesehen ist es doch erstaunlich, dass die Ratslinke, mit Ausnahme von Daniel Jositsch, der Motion zustimmte. Die Bernerin Flavia Wasserfallen hat sie sogar mitunterzeichnet. Immerhin äusserte sie auch gewisse Bedenken, insbesondere was die Kosten betrifft. Und selbst die SVP-Ständeräte, die zumindest verbal gegen die wuchernde Bürokratie und zunehmende Reglementierung ankämpfen, scheinen an diesem Vorgehen Gefallen zu finden.

Nur FDP-Mitglieder, die sonst mit Banken und Versicherungen keine Berührungsängste haben, lehnen die Motion mehrheitlich ab. Der Luzerner Damian Müller sagt es auf Anfrage von Schweizer Personalvorsorge so: «Wenn mir der Bundesrat sagt, in der 1. Säule steht die Diskussion der Lösung unmittelbar bevor, in der 2. Säule sind die Pensionskassen aus eigenem Antrieb unterwegs, und in der 3. Säule ist der Zugang durch Banken und Versicherungen bereits gewährleistet, dann sehe ich nicht ein, weshalb ich als Freisinniger noch zusätzlich mehr Regulierung verlangen und auch die Pensionskassen zusätzlich einengen soll.»

In der Tat: Schon in seiner Stellungnahme zur Interpellation Dobler schreibt der Bundesrat Ende November: Rund 70% der Versicherten in der 2. Säule verfügten über einen digitalen Zugang zu ihren Vorsorgedaten. Bei weiteren 22.5% sei der Zugang geplant. Nur bei gut 7% der Versicherten bestehe kein Zugang und sei auch keiner geplant.

Asip: Die Branche kann es selbst

Für Asip-Direktor Lukas Müller-Brunner ist vorab mal wichtig, dass zuerst ein Datenaustausch zwischen Pensionskassen sichergestellt werden kann. Hier liege ein grosses Effizienzpotential. Und selbstverständlich unterstützt er im Anschluss das Bestreben, dass Versicherte digital Einsicht in ihre Daten bekommen.

Hingegen hat der Asip-Direktor Bedenken, wenn die Pensionskassen zu reinen Datenlieferanten degradiert würden, schliesslich hätten viele Kassen heute schon hervorragende Versichertenportale. Und überhaupt sieht er keine Notwendigkeit, den Bund mit einer Aufgabe zusätzlich zu belasten. Das könne die Branche grösstenteils selbst.

«Pension Illiteracy»

Erich Ettlin begründete sein Ansinnen auch noch mit dem mangelhaften Vorsorgewissen. «Viele Menschen wissen nicht, wie viel sie in der Vorsorge haben, was es heisst, wenn sie ein Vorsorgekapital haben, und wie ihre Rentensituation aussieht. Er sprach von einer «Pension Illiteracy».

Wie wärs, liebe Ständerätinnen und Ständeräte, sie würden die Vorsorgegesetze so ausgestalten, damit Bürgerinnen und Bürger nicht Abendseminare besuchen müssen, um auch nur das Wesentliche zu verstehen?  Wie wärs, liebe Pensionskassen, sie würden die Versicherungsausweise so formulieren, dass auch unbedarfte Versicherte sie verstehen?

Irreführender Versicherungsausweis

Dazu ein konkretes Beispiel: Auf dem Versicherungsausweis steht bei «Maximal möglicher Einkauf» der Betrag von 149638 Franken. Der Versicherte hatte dann noch einige Fragen betreffend seiner Frühpensionierung. Er wollte seine Einkaufslücke schliessen, worauf ihm der Mitarbeiter der Pensionskasse mit rund 3000 Versicherten einräumt, dass die wirkliche Einkaufslücke viel höher sei. «Sie hatten ja eine Scheidung», sagte er. Worauf der Versicherte erwiderte, das wisse er sehr wohl, wo denn ersichtlich sei, wie hoch seine maximal erlaubte Einkaufssumme wirklich sei. Die erhellende Antwort: Unten auf dem Blatt unter der Rubrik «Zusätzliche Information» steht: Saldo Auszahlung infolge Scheidung, Fr. 228139.

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Falls es interessieren sollte: Der zitierte Versicherte und der Autor dieser Zeilen sind ein und dieselbe Person.